Pädagogisches Leitbild der BigAs

Am 24. April 2017 schmieren unbekannte Täter*innen auf dem alten jüdischen
Friedhof in Bremen-Hastedt ein Hakenkreuz auf einen der Grabsteine. Es ist Jom Ha
Schoah, der jüdische Gedenktag für die Opfer des Holocaust. Nicht erst die jüngsten
Ereignisse in Bremen-Hastedt zeigen, dass Antisemitismus nach wie vor ein aktuelles
Problem unserer Gesellschaft ist. Verschiedenste Quellen, so zum Beispiel die Chronik antisemitischer Vorfälle der Amadeo-Antonio-Stiftung (http://aas18.wegewerk.org/die-stiftung-aktiv/themen/gegen-as/antisemitismus-heute/chronik-antisemitischer-vorfaelle-2018/) oder die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin (www.report-antisemitism.de) berichten von einer Vielzahl gelisteter antisemitischer Vorfälle, wobei die Dunkelziffer vermutlich weit höher ist. Dabei ist schon länger klar, dass es sich bei antisemitisch motivierten Taten nicht nur um Täter*innen aus ´extremen` Milieus handelt, denn antisemitische Vorurteile sind in der gesamten Gesellschaft nach wie vor weit verbreitet.

Als problematisch sehen wir vor allem die Tatsache, dass die neueren Formen des sehr wandelbaren Antisemitismus oft nicht als solcher erkannt werden. Israelbezogener Antisemitismus, Verschwörungstheorien, verkürzte Kapitalismuskritik oder die Forderung einen Schlussstrich unter die Geschichte des Nationalsozialismus zu ziehen scheinen vielerorts gesellschaftsfähig geworden zu sein. Unserer Meinung nach zeigt sich daran, dass das Thema allgemein unterschätzt und gerade in der politischen Bildungsarbeit nicht ausreichend behandelt wird. Uns ist es wichtig, klarzustellen, dass die alten wie modernen/neuen Formen des Antisemitismus sich durch bestimmte Faktoren von anderen Diskriminierungsformen stark unterscheiden und demnach gesondert behandelt werden sollte.
In unserer Antisemitismus-kritischen Bildungsarbeit mit Jugendlichen möchten wir vermitteln, was der neue Antisemitismus ist und in welchen Formen er auftritt. Es geht darum, antisemitische Äußerungen, Bilder usw. zu erkennen und damit umgehen zu können. Dabei gehen wir davon aus, dass gerade antisemitische Äußerungen aus dem Schulalltag aber auch aus der Lebenswelt der Schüler*innen (oder anderer Teilnehmer*innen) nicht immer tatsächlich antisemitisch motiviert sein müssen. Das Anne Frank Zentrum unterscheidet in einem heterogenen Lehrraum (zum Beispiel eine Schulklasse) beispielsweise zwischen unterbewusster antisemitischer Argumentation und gefestigter antisemitischer Argumentation. Wir möchten innerhalb der Workshops einen Bezug zum Thema Antisemitismus herstellen, der über den deutsch-historischen und oft nur mit der Vergangenheit assoziierten Bezug hinaus geht. Haltungen und Argumente gegen Diskriminierung sollen dabei gestärkt und aktiviert werden, antisemitische Argumentation hingegen gestoppt, irritiert, hinterfragt werden. In unseren Seminaren soll Raum sein für die Frage, welche persönlichen Bezüge die Teilnehmer*innen zum Thema haben oder auch welche Fragen und Meinungen aus ihrem Umfeld sie beschäftigen. Wichtig ist uns außerdem jüdisches Leben heute darzustellen. Wir möchten Jüd*innen als Persönlichkeiten, Individuen und Aktivist*innen für ihre eigenen Rechte vorstellen. Dies soll Berührungsängsten und Vorurteilen entgegenwirken.

In unserem pädagogischen Ansatz spielen die Vermittlung von Medienkompetenz, das Arbeiten mit Biografien, die Schaffung von Lebensweltbezügen und Methodenvielfalt eine große Rolle. Wir arbeiten mit Widersprüchen und Irritationen , um die Komplexität der Thematik zu veranschaulichen und um aufzuzeigen, dass es nicht für alles einfache Lösungen gibt und gleichzeitig wollen wir zeigen, wie mit Widersprüchen umgegangen werden kann.

Wir betten unsere antisemitismuskritische Arbeit in den Kontext von Antidiskriminierungsarbeit ein und setzen uns zum Ziel für Intersektionalitäten zu sensibilisieren. Wir wollen Solidarität als zentralen Grundbaustein vermitteln und unterstützen eine Gesellschaft der Vielen.

Kontakt:

Bildungsinitiative gegen Antisemitismus (BigAs)

lv.bremen@bdp.org

Tel.nr.: 0421/490357